Zucker oder die doppelte Manipulation

Zucker Doppelte Manipulation

Ist Zucker wirklich der heimliche Killer oder handelt es sich nur um übertriebene Hysterie?
Die von der WHO geforderte Steuer auf zuckerhaltige Getränke aus dem Jahr 2016 zur Bekämpfung des weltweiten Übergewichts hat dafür gesorgt, dass das Thema Zucker in aller Munde ist. Die Debatte dreht sich dabei immer wieder um die Frage, inwieweit die Lebensmittelindurstrie sich in der rechtlichen Grauzone bewegt und Manipulation in großem Stil betreibt, um ihre Profitgier mit der Zuckerabhängigkeit der Konsumenten zu sättigen.

Die Idee hinter der Zuckersteuer ist in der Tat plausibel – die erhoffte Einschränkung des Zuckerkonsums durch Preiserhöhung soll Erkrankungen wie Diabetes, Adipositas und Karies entgegenwirken. In Europa herrscht bei dieser Steuer allerdings schon politische Uneinigkeit: Frankreich, Ungarn und Finnland haben schon die Zuckersteuer eingeführt, Großbritannien plant diese 2018 einzuführen. In Deutschland wird noch immer über die Erfolgsaussichten heftig gestritten.

Manipulation durch die Lebensmittelindustrie

Wie viel Zucker darf’s denn sein?

Wie bewusst ist denn unser Zuckerkonsum wirklich und was wissen wir über die Tarnung der Lebensmittelindustrie, wenn es um zuckerhaltige Lebensmittel geht? Die Forderung von WHO ist zwar nachvollziehbar, aber eine Zuckersteuer ist meines Erachtens nicht konsequent genug, wenn sie nur zuckerhaltige Getränke betreffen soll.

zuckerhaltige Lebensmittel
Die Tatsache, dass viele unserer Lebensmittel Zucker enthalten und die Konsumenten dies kaum wahrnehmen, ist mehr als besorgniserregend. Denn 74 Prozent aller industriell abgepackten Lebensmittel enthalten Zuckerzusätze, wie z.B. Ketchup, Brot, Fertiggerichte, eingelegtes Obst und Gemüse, Kuchen, Kekse und bestimmte Teesorten mit Zusatzstoffen. So sind beispielsweise in der vor allem in der Winterzeit beliebte „heiße Zitrone“ von der Marke Krüger Day by Day pro 100 Gramm tatsächlich 86 Gramm Zucker! Herkömmlicher Ketchup hat einen ähnlich hohen Zuckeranteil wie Cola. Ein Glas Cola (0,2) enthält circa 25 Gramm Zucker, was bereits unseren täglichen Zuckerbedarf deckt. In Fast Food ist generell viel Zucker enthalten. Eine Zuckersteuer sollte daher auch auf diese Lebensmittel erhoben werden.

Zucker ist doch der Energielieferant

Die These, Zucker sei doch ein wichtiger Energielieferant, ist richtig. Dass der Zucker für unseren Körper und für die Aktivität unserer Gehirnzellen notwendig ist, stimmt zwar, allerdings hat dieses Argument mit der hohen Menge des durchschnittlichen Zuckerkonsums nichts zu tun. Die Verharmlosung des Zuckerproblems dient im Grunde nur der Lebensmittelindustrie. Ein genauer Wert für den täglichen Bedarf an Zucker läßt sich nicht generell bestimmen. Er ist bei jedem Menschen unterschiedlich, weil jeder Körper auch in seinem Stoffwechsel individuell ist. Faktoren wie Alter, Essgewohnheit, Art und Dauer der täglichen Aktivitäten spielen dabei eine wichtige Rolle.

Empfohlene Zuckermenge am Tag

Laut WHO sollte ein gesunder Mensch aber nicht mehr als 31 Gramm Zucker pro Tag zu sich nehmen, das sind höchstens 6 Teelöffel Zucker. Jedoch nehmen wir in Europa 17 Teelöffel Zucker am Tag und in den USA sind es sogar 19,7 Teelöffel. Der tägliche Zuckerkonsum ist in den letzten 30 Jahren weltweit um 46 Prozent gestiegen. Warum? Dreht unsere Evolution etwa durch oder gibt es dafür andere Gründe?

Das Versteckspiel mit der Kennzeichnungspflicht

Die Lebensmittelindustrie hat bei der Kennzeichnugspflicht genug Tricks auf dem Lager. So gibt es bereits bis zu 70 Bezeichnungen für Zucker, wie z.B. Maltose, Fructose, Dextrose, Glucose, Maltodextrin, Honig, Fruchtsaft oder Agavendicksaft usw. – alles Begriffe, die nicht jedem Kunden als Synonym für Zucker bekannt sind.

Die Falle aus Fruchtzucker

Die Folge der Zuckertarnung in der Lebensmittelindustrie läßt sich am besten am Beispiel des Fruchtzuckers zeigen: Fructose oder Fruchtzucker wird wegen seines gesund klingenden Namens als ganz harmlos wahrgenommen. Doch Fruchtzucker ist nicht nur in Obst und Fruchtsäften enthalten, sondern auch in industriell verarbeiteter Form in vielen anderen Lebensmitteln wie Brot, Wurst, Fertiggerichten und ganz besonders in Erfrischungsgetränken. Bei regelmäßigem Konsum dieser Lebensmittel sorgt die Fructose für Verdauungsprobleme und kann Darmbeschwerden wie Reizdarmsyndrom verursachen.

Lightprodukte & der Heißhunger

Bereits in den 60er Jahren sind Lightprodukte (wie z.B. beliebte Cola Light) auf den Markt gekommen. Sie enthalten jedoch Süßstoffe wie Saccharin, Cyclamat, Neohesperidin, Acesulfam, Thaumatin, Sucralose und Zuckeraustauschstoffe wie Xylit, Fructose, Lactit, Isomalt, Maltit, Maltitol-Sirup, Sorbit, Mannit oder Erythrit. Lebensmittelindustrie preist diese Prdukte als vermeintliche Schlankmacher und suggeriert, sie seien fettfrei und deshalb zum Abnehmen geeignet.

Fett- und Zuckerzusatzstoffe

Auf diese Weise wird der Konsument manipuliert, weil mit dem Begriff „light“ das Angebot einer teuren, aber gesunden Alternative vorgetäuscht wird. Doch Studien weisen auf Fett- und Zuckerersatzstoffe hin, die Lightprodukte besonders häufig enthalten. Diese Stoffe verursachen keine direkten Gesundheitsschäden, bringen aber den Stoffwechsel durcheinander und sind daher zum Abnehmen nicht geeignet. Denn sie gaukeln dem Geirn die Zufuhr von energiereicher Nahrung vor, was allerdings Heißhunger hervorruft, weil die Energiezufuhr ausgeblieben ist.

Die Spätfolgen des Zuckerkonsums

Zucker unterscheidet sich nämlich in Glucose und Fructose und unser Körper verarbeitet diese beiden Arten unterschiedlich. Während Glucose von fast allen Organen verarbeitet wird – sie gelangt über das Blut ins Gehirn und Muskelgewebe -, landet die Fructose in der Leber. Da das Organ Leber für die Entgiftung verantwortlich ist, bezeichnet Dr. Lustig zurecht die Fructose als Gift. Süße Getränke überschwemmen die Leber mit Fructose, der Leber wir das zu viel und sie wandelt Fructose in Fett um. Die Folgen eines langfristigen Konsums von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken sind alarmierend: Fettleber, Diabetes Typ 2 und Herzerkrankungen.

Cola ist besonders zuckerhaltig

Übergewicht mit Zukunft – Kinderfettleibigkeit

Europäische Studien zeigen, dass 36 bis 44 Prozent der Kinder mit Übergewicht an einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) leiden. Die Spätfolgen eines erhöhten Zuckerverzehrs sind meistens Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes oder Osteoporose. Ein weiteres Risiko sind Herzerkrankungen, Krebs oder Autoimmunerkrankungen wie Asthma oder Arthritis. Weiterhin wird die Leber geschädigt, der Magen irritiert und die gesunde Darmflora zerstört. Im Darm füttert der Zucker die dort ansässigen Pilze und führt auf diese Weise zu Hormonstörungen der unterschiedlichsten Art.

Vitamin- und Mineralstoffmangel bei zu viel Zucker

Ein Problem, das immer wieder bei der Diskussion um Zucker vernachlässigt wird, ist die Tatsache, dass der Zucker weder Vitamine noch Mineralien oder Ballaststoffe enthält. Deshalb muss sich unser Körper die zur Verarbeitung des Zuckers erforderlichen Begleitstoffe aus seinen eigenen Vorräten holen.

Was heißt das für unser Essverhalten? Essen wir z.B. jeden Tag große Mengen an Zucker, während die dazugehörigen Vitamin- und Mineralstoffe fehlen, greift unser Körper auf seine Vorräte zurück und erntet chronischen Mineralstoffmangel.

Zuckerkonsum bei Kindern hat Spätfolgen - Kind nimmt Donut
Der Mineralstoffmangel verursacht viele Erscheinungen, die mit vorzeitigem Altern auftreten, wie Falten, Haarausfall, Augen, die stets eine stärkere Brille benötigen, etc. Übergewicht, Karies, ein schwaches Immunsystem und Hyperaktivität bei Kindern sind allgemein bekannte Folgen von übermäßigem Zuckerkonsum.

Zucker manipuliert unser Gehirn

Das Argument der Lebensmittelindustrie, das Angebot an zuckerhaltigen Produkten richte sich eben nach der Nachfrage, ist ein Scheinargument und stimmt nicht ganz. Der Einsatz von Zucker ist kalkuliert und hat seinen Grund in der Umsatzsteigerung. Denn Zucker dient nicht nur als Farb- und Konservierungsstoff, sondern ist vor allem billig und verführt zu noch mehr Zuckerkonsum. So enthält ein McFlurry sogar 15 Teelöffel Zucker (oder 21 Gramm pro 100 Gramm), was definitiv schon über der Grenze des täglichen Konsum liegt.
Der wichtigste und zuverlässigste Mitspieler der großen Zuckermanipulation in der Lebensmittelindustrie ist ironischerweise unser Gehirn. So reagiert das Gehirn eines adipösen Menschen auf zuckerhaltige Lebensmittel stärker – als bei normal Gewichtigen – im Belohnungszentrum. Hier tritt ein ähnliches Verhaltensmuster wie bei einem Alkoholkranken oder Drogenabhängigen hervor.

Bittere Folgen für unser Gesundheitssystem

Die von der WHO 2015 herausgebrachte Statistik zeigt, dass 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen übergewichtig sind. In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl der Übergewichtigen auf 600 Millionen verdoppelt. Allein an Diabetes gibt es mittlerweile weltweit 347 Millionen erkrankte Menschen – eine Verdreifachung in den letzten 30 Jahren. Schätzungsweise werden die Todesfälle durch Diabetes weltweit in den nächsten 10 Jahren um über 50 Prozent steigen.

Stoffwechselkrankheiten

Weil die Kosten des öffentlichen Gesundheitswesens in den letzten Jahren durch Stoffwechselkrankheiten explodieren, hat Japan beispielsweise ein radikales neues Gesetz, „das Metabo-Gesetz“ gebracht. Ärzte und Unternehmen bieten Gesundheitschecks an, um Ihre Patienten und Mitarbeiter zu unterstützen bzw. ihnen zu helfen. Bei diesem Gesundheitscheck werden der Blutzuckerspiegel und Bauchumfang gemessen. Der angezeigte Ist-Wert wird mit dem Idealwert verglichen. Auf diese Weise können die Patienten sehen, welchen Risiken sie sich aussetzen, und bekommen gleichzeitig das Signal ihr Ernährungsverhalten zu verändern. Japan und Kanada haben mittlerweile starke Richtlinien, wo und wieviel Zucker den Lebensmitteln zugesetzt werden darf – ein Zustand, von dem Deutschland noch weit entfernt ist.

Wie kommt man nun aus der Zuckerfalle?

Viel Zucker in der Weihnachtszeit

Kein Feiertag ohne Zucker

Kennst Du einen Feiertag ohne Zucker? Karneval, Weihnachten, Ramadan oder Ostern – egal, wer was feiert, Zucker ist immer im Spiel und das nicht zu wenig. Ramadan, das islamische Fest des Fastenbrechens, wird in Deutschland sogar „Zuckerfest“ genannt. Der übermäßige Zuckerkonsum scheint also auch ohne die Manipulation durch die Lebensmittelindustrie inzwischen kulturell verankert zu sein.

Erfolgsaussichten bei gesetzlichen Regulierungen

Unser Konsumverhalten per Gesetz zu regulieren, wie sich das die WHO vielleicht wünscht, ist nicht einfach. Denn in Europa herrscht noch immer große politische Uneinigkeit, wenn es um zuckerhaltige Erfrischungsgetränke geht. Die Erfolgsaussichten von gesetzlichen Verboten oder Kampagnen wie z.B. abschreckende Bilder auf Zigarettenpackungen können nicht groß sein, während die Politik in Deutschland gleichzeitig Zigarettenwerbung – der Lobby sei Dank! – nicht verbieten läßt. Zwar fällt in den letzten Jahren die Zahl der Raucher in Deutschland, doch Nikotinabhängigkeit und die Erkrankungen infolge des Tabakkonsums sind noch immer relativ hoch.

Fang bei dir selbst an

Auf die Bereitschaft der Politik zu hoffen, Räume sowie Fördermittel für Aufklärungskampagnen zu schaffen und das Thema Übergewicht in den Schulunterricht zu integrieren, kann lange dauern. Jeder von uns kann schon mal damit anfangen auf die Inhalte der Lebensmittel selbst zu achten und die Essgewohnheiten so zu ändern, dass der Körper das bekommt, was er wirklich braucht. Als Personal Trainer und Ernährungsberater stelle ich immer wieder fest: Viele Menschen machen den Fehler und konditionieren ihren Körper auf falsche Ernährung, was sehr oft in Übergewicht endet.

Fazit

Zucker entwickelt sich in der Tat zum heimlichen Killer unserer Zivilisation. Dazu verhilft die doppelte Manipulation – das ideale Zusammenspiel der Zukertarnung durch die Lebensmittelindustrie und die schnelle und einfache Konditionierung auf Zucker im Belohnungssystem unseres Gehirns. Hysterie ist allerdings nicht angebracht, wenn es um den Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln geht. Ernährt man sich bewusst, treibt regelmäßig Sport und genießt süße Lebensmittel in Maßen, kann man zahlreiche Krankheiten wie Diabetes, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Thrombosen und Alzheimer als Spätfolge des übermäßigen Zuckerkonsums vermeiden.

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